Spezial Herr Hintermaier, was hat Sie vor 25 Jahren an der Geschäftsführer-Tätigkeit beim Münchner Roten Kreuz gereizt? Damals und auch heute noch fand ich es interessant, für einen Verband zu arbeiten, der als Teil der weltweiten Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung Fürsorge lebt, Not lindert und Herzen berührt. Daneben haben mich die vielfältigen Einrichtungen, Dienste und Maßnahmen des Kreisverbands München begeistert. Er ist nämlich nicht nur ein Wohlfahrtsverband, sondern auch eine bedeutende Hilfsorganisation und darüber hinaus in vielen Bereichen tätig, die man auf den ersten Blick nicht mit dem Roten Kreuz in Verbindung bringt, etwa zahlreiche Betriebe gewerblicher Art. An der Geschäftsführer-Tätigkeit hat mich einerseits die Herausforderung gereizt, die diese anspruchsvolle Aufgabe bei einem der größten Rotkreuz-Verbände mit sich bringt. Andererseits habe ich gewusst, dass ich in die- ser Rolle mit meinem juristischen und kaufmännischen Hintergrund, meinen Kenntnissen im Bereich der öffent- lichen Verwaltung und der Fähigkeit, Menschen zu begeis- tern und mitzunehmen, ideale Voraussetzungen mitbrin- ge, den Verband auf Erfolgskurs zu bringen. Welches war im Rückblick die größte Herausforderung? Am Anfang meiner Tätigkeit stand die dringende wirt- schaftliche Konsolidierung. Daran schloss sich eine Stabi- lisierungsphase an, in der wir unser Aufgabenspektrum erweiterten und neuerliche Belastungen, vor allem im materiellen Bereich, wegstecken mussten. Heute kann ich auf einige Meilensteine zurückblicken: auf die Bewirtschaftung des Zentralen Omnibusbahnhofs, die Revitalisierung unseres ehemaligen Stammsitzes im Lehel, Erwerb und Aufbau einer neuen Kreisgeschäftsstelle in Obersendling, die Gründung der Münchener Rotkreuz Akademie mit drei Berufsfachschulen sowie den neuen BRK-Campus, der im Frühjahr 2026 in die Kistlerhofstraße ziehen wird. Jedes einzelne Projekt war mit respektablen Herausforderungen rechtlicher, wirtschaftlicher und ide- eller Art verbunden und nur mit einem funktionierenden und kompetenten Team zu meistern. Und das möchte ich an dieser Stelle ganz besonders betonen, dass ich um mich herum eine Mannschaft habe, die ihresgleichen sucht. Mir ist es wichtig, ein großes Dankeschön an meine Kolleginnen und Kollegen auszusprechen, für ihren hervor- ragenden Einsatz in allen Bereichen unseres Verbands, egal ob im hauptamtlichen oder ehrenamtlichen Bereich. Ohne euch wäre vieles nicht möglich gewesen. Meinen Dank möchte ich ausweiten auf die Vorstände, die mich in den letzten Jahren begleitet haben und ohne deren Vertrauen und den daraus resultierenden Rückhalt die Herausforderungen nicht zu schaffen gewesen wären. Haben sich die Ziele des Verbands im Laufe Ihrer Tätigkeit verändert? Unsere sieben Grundsätze – Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität, Unabhängigkeit, Freiwilligkeit, Einheit und Uni- versalität – haben sich nicht geändert und sollen das auch nicht. Bei uns geht es immer um eine starke Gemeinschaft, die hilfsbedürftigen Menschen, egal welcher Herkunft, Haut- farbe oder Religion, Hilfe gewährt, und zwar allein nach dem Maß ihrer Not. Aus diesen Makrozielen leiten wir konkrete Mikroziele ab, etwa ein funktionierendes Rettungswesen, passgenaue Angebote für Kinder und Jugendliche, alte und sozial benachteiligte Menschen oder bedarfsgerechte Bera- tungsstellen wie unsere Migrationsberatung, Krebsberatung und Schuldnerberatung. Diese Mikroziele verändern sich und richten sich wiederum nach den Rahmenbedingungen, also der gesellschaftlichen, demografischen und auch politischen Entwicklung. Auf welche Aspekte Ihrer Bilanz sind Sie besonders stolz? Dass in der Konsolidierungsphase zu Beginn meiner Tätigkeit keine einzige betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen wurde, freut mich noch heute. Ebenso, dass ich mit der wirt- schaftlichen Stabilität die Grundlagen für einen starken Verband schaffen konnte, der jederzeit und verlässlich Hilfe leistet – sei es in akuten Krisensituationen oder durch lang- fristige Projekte. Natürlich freut es mich als Geschäftsführer auch, dazu beigetragen zu haben, dass wir eine moderne Hilfsorganisa- tion, ein moderner Wohlfahrtsverband sind, der in der Lage ist, Antworten auf neue Herausforderungen zu finden – man denke nur an die Corona-Pandemie. Was verstehen Sie denn unter einem modernen Hilfsverband? Die Mikroziele entsprechend den aktuellen und künftigen Rahmenbedingungen so zu definieren und zu verfolgen, dass die Makroziele aufrechterhalten und erreicht werden kön- nen. Dabei ist entscheidend, ein besonderes Augenmerk auf unser wichtigstes Gut, die Mitarbeitenden und ehrenamt- lichen Kräfte, zu legen. Denn ohne sie geht gar nichts. Daher muss ein moderner Wohlfahrtsverband auch ein moderner und attraktiver Arbeitgeber sein, eine Organisation, mit der man sich identifizieren kann und für die es sich lohnt, aktiv zu sein. Innovationen gegenüber aufgeschlossen zu sein und gleichzeitig seinen Werten treu zu bleiben, gehört für mich maßgeblich zum Erfolg. Für uns bedeutet das: Auch als moderner Verband müssen wir mehr sein als das, nämlich eine Gemeinschaft von Menschen für Menschen.