Repor t 27 h c s z t e l K a h c s a S : s o t o F Die Runde im fachlichen Austausch, der sich zwischen den beiden Frauen schnell auf die per- sönliche Ebene verlagerte: (v. l.) Dr. Stephan Mirisch, Leiter der Tagesklinik, Patientin Julia K., Cathy Hummels und Dr. Sebastian Fischer. Es ist schwer, es in Worte zu fassen, aber ich weiß noch genau, wie es sich anfühlte. Ich saß im ge- parkten Wagen hinterm Steuer, sah mich im Auto um und dachte auf einmal: Warum machst du das eigentlich alles hier? Was hat das für ei- nen Sinn? Was soll das? Ich sah keinen Sinn in den Dingen, die ich tat, oder in dem Leben, das ich führte. Von jetzt auf gleich, völlig verrückt. ie Situation, die Cathy Hummels in ihrem D Buch „Mein Umweg zum Glück“ be- schreibt, sieht sie heute noch lebhaft vor sich. Es war ihre erste Panikattacke. „An dieses Gedan- kenkarussell erinnere ich mich gut. Ich war enorm angespannt, hatte einen riesigen Druck auf der Brust, von einer Sekunde auf die andere überfielen mich eine Rastlosigkeit und Nervosi- tät, die ich noch nie erlebt hatte. Es ging mir so schlecht, dass ich dachte: Das halte ich nicht aus. Diesen Zustand können vermutlich nur andere Betroffene nachvollziehen.“ Julia K., die in Wirklichkeit anders heißt, nickt. Auch sie war vor wenigen Monaten an ei- nem Punkt, an dem sie dachte, dass das Leben nicht mehr auszuhalten sei. Voller Verzweiflung versuchte die 43-jährige Mutter zweier Kinder, sich das Leben zu nehmen. Doch ihre Angehöri- gen hatten ihre Seelenlage erkannt und fanden sie rechtzeitig. Seitdem ist Julia K. in psychiatri- scher und psychotherapeutischer Behandlung – derzeit in der Tagesklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Münchner Roten Kreuzes. Schnell ist sie in einem lebhaften Austausch mit Cathy Hummels: „Mir ging es ähnlich wie dir. Ein großes schwarzes Loch tat sich vor mir auf. Ich wollte mir nur noch eine Decke über den Kopf ziehen.“ „Eine Depression ist echt krass“, unterstreicht Cathy Hummels. „Dinge, die man immer gern gemacht hat, bereiten plötzlich keine Freude mehr. Natürlich fragt man sich: Was stimmt nicht mit mir?“ „Diese Lustlosigkeit kenne ich sehr gut“, bestätigt Julia K. „Ich dachte, ich kriege das hin, aber bald war da keine Perspektive mehr.“ Cathy Hummels hat ihre dunkle Zeit, aber vor allem den Weg aus der Depression in ihrem Buch verarbeitet. Co-Autor ist ihr Bruder, der Psychiater Dr. Sebastian Fischer. In ihrer Familie, so berichtet er, hätten sie zwar gemerkt, dass mit Cathy etwas nicht stimmt. Vor allem, als sie extrem an Gewicht verlor. Aber die Ursache blieb auch ihm als Facharzt zunächst verborgen. Als ihm klar wurde, dass seine Schwester unter einer schweren Depression leidet, riet er zu einer Psychotherapie: „Aus einer Depression kommt man allein nicht heraus. Im Gespräch entwickelt man Bewältigungsstrategien, die zu einem passen.“ Dr. Stephan Mirisch, Leiter der Rotkreuz-Tagesklinik, erklärt, wie der Kontakt zwischen den Patienten und seiner Einrichtung zustande kommt: „Der erste Schritt ist, sich ein- zugestehen, dass man Hilfe braucht. Wir bieten hier auch eine Art Auszeit.“ „Verstehendes Zu- hören“ nennt er das. „Bei uns kann man einen Schritt zurücktreten, ohne sich ständig den All- tagsanforderungen gegenüberzusehen.“ Denn oft führten übertriebener Perfektionismus und