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Juni 2015

10 Report bag eine kleine Brandwunde hinterlassen. Noch immer steht Verena Pfähler-Münch unter Schock, fühlt sich vom Geschehen völlig überfordert. Ansatzweise dringt zu ihr durch, dass der junge Mann, der den Unfall verursacht hat, zum Sanka kommt und sich kleinlaut bei ihr entschuldigt. Da ihr Wagen abgeschleppt werden muss, reicht jemand ihre Handtasche herein. Und während die Feuerwehr anrückt, um das ausgelaufene Öl zu beseitigen, transportiert das Rettungsteam seine Patientin in ein Krankenhaus. Während der Fahrt liegt sie, betreut von Alexander Westermaier, in Schocklage hinten auf der Trage, so ist es Vorschrift. Sie protestiert noch: „Ich muss nicht ins Krankenhaus – so ein Schmarrn!“ Nach der Übergabe in der Klinik steuert Heinz Effenber- ger den Sanka nun endlich in Richtung Zentrale. Um eine Stunde hat der Einsatz ihren Feierabend nach hinten ver- schoben. Egal: Sie waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort. * Verena Pfähler-Münch wird nach zwei Stunden Untersu- chung nach Hause entlassen. Einen Tag später setzen die heftigen Nackenschmerzen ein, die das Schleudertrauma verursacht hat. Nach zwei Tagen beginnen sich ihre Knie dunkel zu verfärben: Der heftige Ruck, mit dem ihr Wagen zum Stehen kam, hat das Blut in die Beine schießen lassen. „Glücklicherweise trug ich meine Einsatzkleidung“, meint Verena Pfähler-Münch rückblickend. Für eine Außenübung auf der geplanten Schulung war sie dick verpackt. Die Jacke hat wohl Schlimmeres, wie die Einschnürung der Weichteile durch den Sicherheitsgurt, verhindert. Ihr Unfallgegner meldet sich noch einmal telefonisch, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen und eine weitere Entschuldigung anzubringen. Im kommenden halben Jahr wird sie wegen Muskel- und Wirbelproblemen eine orthopädische Behand- lung benötigen. Immer noch hängt ihr ihre Hilflosigkeit direkt nach dem Geschehen nach: „Ich kenne die Abläufe doch eigentlich aus dem Effeff, fühle mich vertraut und routiniert damit. Aber als ich mich plötzlich selbst in der Situation wiederfand, war ich total aufgeschmissen. Erst im Krankenhaus habe ich Noch immer spürt Verena Pfähler-Münch keinen Schmerz. Sie steht unter Schock und denkt gar nicht daran, einen Notruf abzusetzen. „Ich muss zum Einsatz“, ist ihr einziger Gedanke. Mit den zitterigen Fingern gelingt es ihr nicht, die Nummer ihres Bereitschaftsleiters ins Handy einzutippen, um für heu- te abzusagen. Vage nimmt sie vier junge Leute wahr, die um sie herumstehen und fragen, ob sie verletzt sei. Normalerwei- se ist sie ein Profi, der alle im Ernstfall erforderlichen Schritte wieder und wieder gepaukt hat und sie im Einsatz in einem gelernten Automatismus zuverlässig abruft. Doch nun, da sie selbst betroffen ist, reagiert sie völlig planlos. Deshalb ver- spürt sie unsägliche Erleichterung, als sich die bekannte rote Einsatzkleidung in Person von Alexander Westermaier ins Bild schiebt. Souveräne Kollegen: Ihr auf „Pause“ geschaltetes Gehirn assoziiert etwas Angenehmes, Vertrautes. * Einer der Unfallzeugen hat die Polizei benachrichtigt. Inner- halb von Minuten sind die Beamten vor Ort und kümmern sich um die weitere Absicherung der Unfallstelle und um die Aufnahme des Protokolls. Währenddessen macht sich das Ret- tungsteam ein Bild der Lage: Das Auto von Verena Pfähler- Münch hat kein Feuer gefangen; der Rauch stammt von der Explosion der beiden Airbags, die nun schlapp herunterhän- gen. Dennoch ist ihr Kleinwagen schrottreif. Das schwerere Fahrzeug des Unfallgegners dagegen sieht noch erstaunlich gut aus. Das Rettungsteam hilft der Kollegin erst einmal auf die Beine. Wie ein Mantra wiederholt sie fortlaufend: „Ich muss anrufen!“ Um sie zu beruhigen, übernimmt Heinz Effen- berger die Benachrichtigung ihrer Kollegen. Und schließlich lässt sie sich wie eine Puppe zum Sanka führen. Routiniert gehen Heinz Effenberger und Alexander Wes- termaier die möglichen Verletzungsmuster durch und begin- nen mit der Versorgung. Die Wucht des Aufpralls hat die Stirn der Fahrerin gegen den Rückspiegel geschleudert, eine Wunde zeugt davon. Schwer wie ein Fels wiegt ihr Kopf, sie kann ihn kaum drehen. In den kommenden Wochen wird sie vermut- lich ein Schleudertrauma mit Kopf- und Nackenschmerzen an den Unfall erinnern. Eine Schnittwunde am Finger hat sie noch gar nicht bemerkt. Und am Knie hat der auslösende Air- Bei einem Treffen nur wenige ­Wochen nach dem ­Unfall geht ­Verena Pfähler-Münch das ­Geschehen mit ihren Rettern noch einmal durch.

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