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MiB_Februar_2016

18 Report Christine Müller Die Koordinatorin der Migrationsberatung für Erwachsene des Münchner Roten Kreuzes erlebt bei ihrer Arbeit viele bürokratische Hürden. „Die Behörden sind zurzeit überfordert, daher läuft nicht alles perfekt. Eine Art Vorinformation über Deutschland, bevor sich die Menschen für unser Land entscheiden, wäre sicher hilfreich. Viele kommen hierher und wissen gar nicht, was sie erwartet. Außerdem müsste die haupt- amtliche Infrastruktur deutlich ausgebaut wer- den. Es ist sehr positiv, wie viele ehrenamt- liche Helfer sich für Flüchtlinge engagieren, aber die Informationen, die sie weitergeben, sind häufig nicht fundiert – wir müssen vieles gera- derücken. In ganz München haben wir zurzeit 33 Migrationsberater, und die müssen zeitgleich die Migration innerhalb der EU und das Thema Familiennachzug stemmen. Die Personaldecke ist viel zu dünn. Die Flüchtlingszahlen steigen dramatisch, aber die Beraterzahl bleibt gleich. Wie soll das weitergehen? Im normalen Alltag hilft den Migranten der Umgang mit Deutschen sehr: Der Kontakt bietet ihnen die Möglichkeit, die Sprache zu üben. Und die Paten können bei Dingen helfen, die über unsere Beratung hinausgehen, beispielsweise bei der Wohnungssuche. So mancher Neuan- kömmling allerdings verlässt sich lieber auf die Hilfe von Landsleuten und lehnt auch unsere Angebote ab. Dabei geben wir direkt nach der Einreise wichtige Orientierung: mit einem ge- nauen Plan, welche Schritte wann erforderlich sind, mit Kursangeboten, Beratungsterminen, einem Zeitplan für die Beantragung von Hilfen. Hier einen wichtigen Schritt zu versäumen kann bedeuten, dass die Gelegenheit, zum Beispiel ein Stipendium zu erhalten, unwiederbringlich ver- loren ist. Seitens der Bundesregierung würde eine Aus- differenzierung bei den Sprachkursen helfen: mit kleineren Gruppen oder der Möglichkeit einer Individualförderung. Nicht jeder lernt gleich, die Schüler zeigen eine unterschiedliche Vorbildung, verschiedene Lernbereitschaften und Belastungsgrenzen. Daher fühlen sich in den Kursen Teilnehmer immer wieder über- oder unterfordert, aber die Prüfung ist aufenthalts- entscheidend. Auch die Anerkennung der Schul- oder Be- rufsabschlüsse könnte unbürokratischer gehand- habt werden. Wenn ein bestimmter Stempel oder eine Formalie fehlt, die wegen der chaotischen Umstände im Heimatland nicht mehr organi- siert werden kann, sollten alternative Prüfmög- lichkeiten eingesetzt werden: etwa ein Fach- kundegespräch oder der Austausch mit einem Gutachter. Wenn uns dies gelänge, könnten wir deutlich mehr Migranten an die Universitäten oder in einen Beruf bringen.“ * Abdul Basir Amiri, Amruddin Muradi, Sayed Nasim Sadat und Ajmal Ummatkhel Die vier Männer haben in Afghanistan als Übersetzer für die Bundeswehr gearbeitet und wurden daraufhin von den Taliban bedroht. In Deutschland fanden sie und ihre Familien Aufnahme. „Es gibt viele gebildete Leute unter den afgha- nischen Migranten. Sie wollen hier studieren oder arbeiten. Daher wäre es hilfreich für die Integra- tion, wenn die Neuankömmlinge so schnell wie möglich einen Integrationskurs besuchen könn- ten, um Deutsch zu lernen. Die meisten von uns wollen schnell durchstarten, damit wir eigenes Geld verdienen können. Arbeit ist essenziell, um auf eigenen Füßen zu stehen und nicht mehr auf staatliche Hilfe angewiesen zu sein. Beim Arbei- ten lernt man mehr über die Kultur des Gastlan- des als in jedem Kurs. Diejenigen, die von der Arbeitsagentur vermittelt werden, finden sich oft an einem Arbeitsplatz wieder, der weit unter ihren Fähigkeiten liegt. Viele haben studiert und werden hier als Pizzafahrer eingesetzt. Eine bes- sere Abfrage unserer Qualifikationen und mehr Tempo bei der Anerkennung der Abschlüsse könnten unsere Situation extrem erleichtern. Die Entscheidung, nach Deutschland zu kom- men, haben wir bewusst getroffen. Jetzt müssen wir die Sprache perfektionieren und die Kultur kennenlernen. Die Deutschen waren uns aus Afghanistan vertraut, aber hier ist es doch etwas anderes. Wir versuchen, mit Einheimischen Kon- takt aufzunehmen, zum Beispiel über einen Sport-

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